#36 Vom Vertrauen in Beziehungen

Shownotes

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Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von fragmalneda.

In den letzten Wochen haben sich einige von euch bei mir gemeldet mit Fragen und Anmerkungen zu einzelnen Folgen. Ich freue mich jedes Mal sehr über die Resonanz, die erzeugt und mir zurückgemeldet wird – vielen Dank dafür! Eine der Mails beinhaltete eine Frage zum Thema Vertrauen, was auch in Sitzungen mit Klient: innen ein immer wiederkehrendes Thema ist. Daher teile ich heute mit euch ein paar Gedanken zum Vertrauen. Wir schauen uns an, was es mit Vertrauen auf sich hat und legen dann einen Fokus auf Vertrauen in Beziehungen.

In der Praxis begleitet Vertrauen Klient: innen auf unterschiedliche Art in der Bearbeitung ihrer Anliegen. Mal geht es um das Vertrauen in sich selbst, das gestärkt werden will. Oder auch die Frage, warum das Selbstvertrauen eigentlich so klein ist, wie es sich zeigt. Bei größeren Lebenskrisen oder auch Entscheidungen ist es mir bei Klient:innen in Form von fehlendem Vertrauen ins Leben, in die Gesellschaft oder in die Möglichkeit von Veränderung begegnet. Auch Vertrauensmissbrauch durch Familienmitglieder oder im beruflichen Kontext sind mögliche Themen.

In der Praxis begleitet Vertrauen Klient: Bei Paaren geht es oft dann um Vertrauen, wenn dieses verletzt wurde; beispielsweise durch eine Außenbeziehung, das Verstoßen gegen fundamentale Absprachen oder auch Unzuverlässigkeit.

In der Praxis begleitet Vertrauen Klient: Wenn Vertrauen als Thema auftritt, lohnt sich ein Blick auf die Frage, um was für ein Vertrauen wem gegenüber es eigentlich geht. Geht es um ein Grundvertrauen, dass seit unserer Kindheit tief in uns verankert ist und erschüttert wurde? Geht es um Selbstvertrauen? Also das Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten und die Überzeugung, mit allem was ich an Eigenschaften und Kompetenzen mitbringe, gut zu sein? Oder geht es um Fremdvertrauen, also das wechselseitige Vertrauen zwischen Menschen? Hier könnte es um Fragen gehen wie „Wie kann ich meinen Mitarbeitenden mehr vertrauen? Wie kann ich ihr Vertrauen in mich stärken?“

Oder geht es um Vertrauen in einer Beziehung? Hier könnte es beispielsweise um das Vertrauen gehen, geliebt und gesehen zu werden. Das Vertrauen, sicher zu sein und sich zeigen zu können mit dem, was ist. Und eben um Vertrauen, das verletzt wurde. Manchmal kann es auch um verschiedene Arten von Vertrauen gleichzeitig geben; besonders bei Vertrauensbrüchen in Paarbeziehungen hat sich das im Verlauf von Sitzungen in meiner Praxis gezeigt: Da gab es mal ein Paar, bei dem Person A eine langjährige Außenbeziehung gepflegt hatte, von der Person B erfahren hatte. A trennte sich von der Außenbeziehung und ein Anliegen des Paares war es, mit diesem Vertrauensbruch einen Umgang zu finden und das Vertrauen von A in B wieder zu stärken. Was übrigens in dieser Formulierung eine Dynamik in Gang setzen kann, die wenig Aussicht auf Erfolg verspricht: Wenn A’s Vertrauen wiederhergestellt werden soll, kann der Eindruck entstehen, dass es B’s Verantwortung ist, dies zu schaffen. Damit rutscht B in eine vermeintliche Bringschuld und es kann zum Verlust von Begegnung auf Augenhöhe kommen. Aber zurück zu A und B aus dem Beispiel. Wir beschäftigten uns also eine Weile mit der Frage, was beide dazu beitragen könnten, eine neue Form von Vertrauen in der Beziehung zu schaffen. Große Unterschiede waren aber irgendwie nicht zu bemerken. In einer Sitzung stellte ich die Frage, an welchen Stellen Vertrauen denn eigentlich noch ein Thema sei. Und da sagte A, dass das Vertrauen in das eigene Einschätzungsvermögen total erschüttert sei. „Ich habe die ganze Zeit nichts bemerkt! Ich dachte, alles wäre ok!“ Dieser Vertrauensverlust sich selbst gegenüber machte es für A schwierig, überhaupt in einen Prozess auf Paarebene gehen zu können. Erst, als wir diesen Teil erkundet und A für sich einen Umgang damit gefunden hatte, konnten wir uns der Paarebene wieder widmen.

Es braucht nicht immer etwas wie eine Außenbeziehung, um Vertrauen herausfordernd zu machen. Es braucht noch nicht einmal einen konkreten Anlass im Hier und Jetzt – denn es kann auch sein, dass eine alte Verletzung, ein alter Vertrauensverlust einen guten Grund darstellen, um im Hier und Jetzt vorsichtig zu sein und sich in Beziehungen nicht zu vertrauensvoll zu zeigen. Wenn ich als Kind erfahren habe, dass Vertrauen dazu führt, verletzt oder enttäuscht zu werden, kann ich als Erwachsene möglicherweise als Überlebensstrategie zeigen, dass ich mir nicht in die Karten gucken lasse. Dass ich nichts mit jemandem teile, das vermeintlich gegen mich verwendet werden könnte. Dass ich in Liebesbeziehungen und Freundschaften eher unverbindliches Verhalten zeige und keine zu große Nähe aufkommen lasse. Als Systemiker: innen schauen wir ja kontextbedingt auf Verhalten. So kann es sein, dass Strategien wie die eben genannten in Kontexten aus der Kindheit und Jugend total hilfreich und nützlich waren. Eine Frage, die wir erkunden könnten wäre: Was von diesen Strategien braucht es heute noch? Was bräuchte es, um ausprobieren zu können, wie es noch gehen könnte?

Es braucht nicht immer etwas wie eine Außenbeziehung, um Vertrauen herausfordernd zu machen. Es braucht noch nicht einmal einen konkreten Anlass im Hier und Jetzt – denn es kann auch sein, dass eine alte Verletzung, ein alter Vertrauensverlust einen guten Grund darstellen, um im Hier und Jetzt vorsichtig zu sein und sich in Beziehungen nicht zu vertrauensvoll zu zeigen. Wenn ich als Kind erfahren habe, dass Vertrauen dazu führt, verletzt oder enttäuscht zu werden, kann ich als Erwachsene möglicherweise als Überlebensstrategie zeigen, dass ich mir nicht in die Karten gucken lasse. Dass ich nichts mit jemandem teile, das vermeintlich gegen mich verwendet werden könnte. Dass ich in Liebesbeziehungen und Freundschaften eher unverbindliches Verhalten zeige und keine zu große Nähe aufkommen lasse. Als Systemiker: Es kommt durchaus vor, dass Menschen auf Anhieb erstmal gar nicht wissen, was unter ihrem Vertrauensthema drunterliegt. Daher kann es gut sein, Fragen zu stellen wie „Was bedeutet es für Sie, dass ihr Vertrauen missbraucht / verletzt wurde? Wer muss was tun, damit dieses Gefühl entsteht? Woher kennen Sie dieses Gefühl noch? Was ist die Geschichte hinter diesem Gefühl?“

Gibt es eine alte Verletzung, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, damit zu arbeiten – hier gibt es keinen einzig richtigen Weg, ich erzähle dir von ein paar Dingen, die bei Klient: innen hilfreich waren. Mit einem Klienten war es nützlich, die alte Verletzung zu würdigen. Seine Erfahrungen waren recht schambesetzt und die Scham machte es ihm schwer, die Verletzung als Vertrauensmissbrauch anzuerkennen und zu würdigen. Für ihn kam die Würdigung im Satz „Es war nicht richtig, was mir da angetan wurde und ich konnte als Kind nichts tun.“ Zum Ausdruck. In einer Aufstellung mit Bodenankern ging er mit seinem kindlichen Ich und seinem erwachsenen Ich ins Gespräch und kam zu dem Schluss, dass sein erwachsenes Ich durchaus etwas tun kann.

Gibt es eine alte Verletzung, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, damit zu arbeiten – hier gibt es keinen einzig richtigen Weg, ich erzähle dir von ein paar Dingen, die bei Klient: Eine andere Klientin fand in einer Aufstellungsarbeit einen guten Platz für die alte Verletzung. Wo konnte diese gut stehen, ohne im Weg zu stehen in Beziehungen? Welche gute Mission konnte diese alte Verletzung heute noch haben, wann könnte sie hilfreich sein?

Gibt es eine alte Verletzung, gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, damit zu arbeiten – hier gibt es keinen einzig richtigen Weg, ich erzähle dir von ein paar Dingen, die bei Klient: Und in der Arbeit mit einem Paar fanden beide Personen ein Symbol für ihre jeweilige alte Verletzung. Diese Symbole nutzten sie als Unterstützung in Konflikten, um einander mitzuteilen, dass dieses Alte gerade berührt wurde. Das half ihnen dabei, aus einer Konfliktdynamik schneller wieder auszusteigen und einen anderen Weg auszuprobieren.

Du siehst, es gibt einige Möglichkeiten des Umgangs mit alten Verletzungen rund um Vertrauen. Die Frage, die zählt ist: Was ist das Anliegen? Was genau soll geschehen und welchen Unterschied würde es machen?

Du siehst, es gibt einige Möglichkeiten des Umgangs mit alten Verletzungen rund um Vertrauen. Die Frage, die zählt ist: Eine Frage, die rund im Vertrauen auch immer wieder auftaucht ist, wie es geschaffen bzw. wiederhergestellt werden kann. Auch hier gibt es leider nicht die eine richtige Antwort, denn wenn wir Menschen fragen, wodurch für sie Vertrauen entsteht, gibt es zig verschiedene Möglichkeiten. Ein Paar war sich letztens darüber einige, dass Vertrauen nicht durch Worte, sondern vielmehr durch Interaktion, durch gemeinsame Erlebnisse und die damit verbundene Nähe entsteht. Ein anderes Paar hingegen war sich einig, das offene Kommunikation und Transparenz die Basis für Vertrauen sei. Für einen Klienten war es Wertschätzung, die auf keinen Fall fehlen darf.

Also gilt auch hier, grundsätzlich zu klären: Wodurch wird bei dem / der Einzelnen Vertrauen geschaffen oder wiederhergestellt? Was ist für ein Paar wichtig? Was könnte hilfreich sein und was nicht?

Also gilt auch hier, grundsätzlich zu klären: Zum Schluss möchte ich mich noch der Frage widmen, was es bei mehrfachen Vertrauensbrüchen / Vertrauensverletzungen als Alternativen zur Trennung gibt. Auch hier sind Menschen unterschiedlich; für einige ist es klar, dass bei bestimmtem Grenzüberschreitungen eine Trennung die klare Konsequenz ist. Für andere überwiegt die Liebe oder irgendein anderer guter Grund und sie bleiben trotz des Gefühls tiefer Verletzung in der Beziehung.

Also gilt auch hier, grundsätzlich zu klären: Mich hat hier letztens die Arbeit mit einem Paar beeindruckt, in dem es zu wiederholten Vertrauensbrüchen durch Außenkontakte gekommen war. Die betrogene Person sagte „Ich entscheide mich dafür, unserer Beziehung zu vertrauen. Es wird Zeit brauchen, bis mein Herz dieses Vertrauen wieder fühlt, aber ich vertraue darauf, dass es einen Versuch wert ist.“ Die beiden entschieden sich, den Weg gemeinsam zu gehen und herauszufinden, wie ihre Beziehung zukünftig aussehen könnte.

Mit einer anderen Klientin kam es zu diesen Fragen: Welche Entwicklungsaufgabe haben wir in unserer Beziehung bisher ignoriert, dass es immer wieder zu diesen Vorfällen kommt, die das Vertrauen belasten? An welchen Stellen dürfen wir uns einzeln oder gemeinsam entwickeln und was würde das für unsere Beziehung bedeuten?

Und wiederum mit einem anderen Klienten, der trotz kollektivem Kopschütteln seines Umfelds in einer Beziehung blieb, kam es zu diesen Überlegungen: „Was habe ich davon, in dieser Beziehung zu bleiben? Welchen Vorteil habe ich dadurch, in der Rolle des Verletzten zu bleiben? Welche Ressourcen habe ich in mir, die das Bleiben ermöglichen? Was würde passieren, wenn ich diese Rolle aufgeben würde? Wenn es meinem Partner nicht darum gehen würde, mein Vertrauen zu verletzen – was könnte sein Anliegen sein mit dem, was er tut?“

Etwas, was sich meiner Beobachtung nach bei allen Paaren als hilfreich erwiesen hat: Eine offene Kommunikation darüber, was Handlungen oder Worte auslösen können. Und das nicht nur, wenn das Vertrauen schon beschädigt am Boden liegt. Wie wäre es, ohne Anlass ins Gespräch zu kommen und neugierig das Element „Vertrauen“ voneinander zu erkunden? Vielleicht magst du, mögt ihr es ja mal ausprobieren. Als Einstiegsfragen könnt ihr diese hier nutzen:

Etwas, was sich meiner Beobachtung nach bei allen Paaren als hilfreich erwiesen hat: Was bedeutet für dich Vertrauen?

Etwas, was sich meiner Beobachtung nach bei allen Paaren als hilfreich erwiesen hat: Was trage ich dazu bei, dass du mir vertrauen kannst? Was müsste ich tun, um dein Vertrauen zu stärken? Was, um es zu verletzen? An welchen Stellen trauen wir uns, offen miteinander zu reden? An welchen Stellen sind wir uns nicht sicher, wie die andere Person reagieren würde? Wie können wir einander noch mehr das Gefühl geben, ok zu sein?

Etwas, was sich meiner Beobachtung nach bei allen Paaren als hilfreich erwiesen hat: Ich wünsche dir bzw. euch viel Freude beim Erkunden!

Etwas, was sich meiner Beobachtung nach bei allen Paaren als hilfreich erwiesen hat: So, uns das war es für heute mit fragmalneda. Ich hoffe, dass diese Folge deinen Hinterkopf ein bisschen weiter befüllen konnte. Wenn sich daraus weitere Fragen ergeben für eine nächste Folge, melde dich gern bei mir. Das gilt natürlich auch für einen Themenwunsch. Schreib mir gern eine Mail an hallo@neda-mohagheghi.de oder melde dich über social Media bei mir. Ich freu mich auf dich! Ciao!

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